Wie wirkt sich die weltweite Corona-Pandemie auf den Werbemarkt der Dentalbranche aus? Dieser Frage bin ich bereits im vergangenen Sommer nachgegangen und habe damals erste Zahlen zu den Monaten Mai und Juni 2020 analysiert – einmal für Deutschland und einmal für den gesamt-europäischen Raum. Die Zahlen waren damals relativ ernüchternd, vor allem im Gegensatz zur Pharmabranche, deren Werbemarkt sich weitestgehend unbeeindruckt zeigte.
Jetzt sind alle Zahlen für das Gesamtjahr 2020 vorhanden. Schauen wir also, ob sich noch einmal grundlegende Änderungen zur Momentaufnahme im vergangenen Sommer ergeben haben.
Werfen wir zunächst einen Blick auf die Werbeausgaben im Vorjahresvergleich:
Monat | 2019 | 2020 | Veränderung |
Januar | 1.097.148 € | 857.422 € | -22% |
Februar | 4.070.724 € | 2.832.196 € | -30% |
März | 6.536.076 € | 3.211.524 € | -51% |
April | 3.392.041 € | 3.153.579 € | -7% |
Mai | 3.990.458 € | 2.450.167 € | -39% |
Juni | 3.362.386 € | 2.086.152 € | -38% |
Juli | 954.340 € | 945.510 € | -1% |
August | 2.118.031 € | 1.656.293 € | -22% |
September | 4.305.754 € | 3.833.145 € | -11% |
Oktober | 4.035.234 € | 3.679.286 € | -9% |
November | 3.839.418 € | 3.040.703 € | -21% |
Dezember | 2.328.006 € | 2.605.894 € | 12% |
Total | 40.029.616 € | 30.351.871 € | -24% |
Tabelle 1: Werbeausgaben in der Dentalbranche in Deutschland 2019 und 2020
(Quelle: FaktenSchmied)
Zwei Zeiträume fallen auf den ersten Blick ins Auge: die Monate Februar/März sowie Mai/Juni 2020. Mitte März 2019 fand zuletzt die IDS in Köln statt. Entsprechend wurden zu Beginn des Messejahres, also Anfang 2019 die Werbebudgets, deutlich erhöht. Das starke Minus im gleichen Zeitraum des Folgejahrs – ohne Messe – ist also ganz normal.
Direkte Folgen der Corona-Krise werden im Mai und Juni sichtbar. Die Bayerische Landeszahnärzte Kammer schätzt, dass im Frühjahr 2020 rund 650.000 Vorsorgeuntersuchungen weniger stattgefunden haben als sonst üblich. Zahnärzte hatten mangels Patienten weniger Bedarf an Material, hochwertige ästhetische Behandlungen wurden erst einmal verschoben. Entsprechend haben die Hersteller einen großen Teil ihrer Budgets gekappt, wie wir im Folgenden noch sehen werden.
Die einzige Zahl im positiven Bereich zeigt der Dezember. Aufgrund der wirklich sehr harten Cuts im Frühjahr konnte hier noch Restbudget investiert werden. Insgesamt verzeichnet der dentale Werbemarkt 2020 aber einen Rückgang um 24 Prozent. Erfahrungsgemäß wissen wir, dass die Spendings im Folgejahr der IDS immer um rund sechs Prozent zurückgehen. Das bedeutet, dass 18 Prozent rein auf das Konto der Pandemie gehen.
Betrachten wir nun im nächsten Schritt die Aufteilung der geschalteten Werbeanzeigen nach Werbekanal bzw. -art:
Werbeart | 2019 | 2020 | Veränderung |
Printanzeigen | 38.215.173 € | 28.573.568 € | -25% |
PR | 1.669.217 € | 1.593.902 € | -5% |
Newsletter | 145.226 € | 184.401 € | 27% |
Total | 40.029.616 € | 30.351.871 € | -24% |
Tabelle 2: Werbeausgaben in der Dentalbranche in Deutschland 2019 und 2020 nach Werbeart
(Quelle: FaktenSchmied)
Im Vergleich zum Medizin-Sektor, der 2020 ganze 40 Prozent mehr in digitale Werbeanzeigen in Verlagsnewslettern investierte, zeigt sich der Dentalmarkt hier etwas zurückhaltender. Auffällig ist jedoch, dass Printanzeigen und PR deutlich ins Minus gegangen sind, während der Medizin-Sektor hier auf einem stabilen Niveau blieb.
Natürlich haben aber nicht alle Unternehmen der Branche ihre Budgets gekappt. Für die Werbespendings der Top-20-Unternehmen der Branche (gemessen an der Höhe ihrer Werbeausgaben) ergibt sich folgendes Bild:
Hersteller | Total 2019 | Total 2020 | Veränderung |
Kulzer | 1.078.691 € | 1.040.459 € | -4% |
Permadental | 801.683 € | 920.296 € | 15% |
BLUE SAFETY | 957.691 € | 897.398 € | -6% |
Dürr Dental | 658.813 € | 756.716 € | 15% |
medentis | 528.298 € | 551.383 € | 4% |
VOCO | 692.271 € | 501.413 € | -28% |
SHOFU | 507.517 € | 428.697 € | -16% |
Ivoclar Vivadent | 711.674 € | 413.678 € | -42% |
3M | 528.561 € | 388.507 € | -26% |
gsk GlaxoSmithKline | 407.902 € | 374.676 € | -8% |
Dr. Liebe | 330.170 € | 374.367 € | 13% |
camlog & BioHorizons | 373.723 € | 368.783 € | -1% |
Champions Implants | 290.298 € | 358.673 € | 24% |
Zirkonzahn | 347.881 € | 350.892 € | 1% |
DZR (Dr. Güldener) | 344.164 € | 331.693 € | -4% |
Geistlich | 250.231 € | 314.710 € | 26% |
Tokuyama | 398.964 € | 312.374 € | -22% |
VITA | 330.805 € | 268.590 € | -19% |
NSK | 378.504 € | 266.853 € | -29% |
HenrySchein | 305.896 € | 257.949 € | -16% |
Sonstige | 29.805.879 € | 20.873.764 € | -30% |
Total | 40.029.616 € | 30.351.871 € | -24% |
Tabelle 3: Werbeausgaben der Top-20-Hersteller in der Dentalbranche in Deutschland 2019 und 2020
(Quelle: FaktenSchmied)
Farbig markiert habe ich diejenigen Unternehmen aus den Top 20, die im vergangenen Jahr ihre Budgets am stärksten erhöht bzw. reduziert haben. Über mögliche Ursachen kann ich allerdings nur spekulieren.
Champions Implants zum Beispiel hatte noch vor ein paar Jahren deutlich höhere Budgets. Gleichzeitig handelt es sich um eine vergleichsweise junge Firma. Gut möglich, dass man festgestellt hat, wieder mehr tun zu müssen, um Bekanntheit und Marktposition zu festigen. Geistlich als zweites Beispiel ist ein Spezialist im Bereich Knochenersatzmaterial, einer kleinen Nische, die das Unternehmen vielleicht komplett besetzen will. Der Werbeanteil von heute ist schließlich der Marktanteil von morgen, wie eine alte Marketer-Weisheit besagt.
NSK auf der anderen Seite macht vor allem klassische Instrumente. Denkbar, dass diese Produkte in diesem besonderen Jahr schlichtweg nicht im Fokus der Zahnärzte standen und man dementsprechend weniger Werbung veröffentlicht hat. Bei Ivoclar Vivadent ist es insgesamt auffällig, dass früher sehr viel mehr für Werbeanzeigen ausgegeben wurde. Hier setzt sich also gewissermaßen auch ein Trend fort, der auf eine sich ändernde Unternehmensstrategie schließen lässt.
Schauen wir uns jetzt an, wie sich die Ausgaben für die am stärksten beworbenen Top-20-Produktkategorien im Jahresvergleich verändert haben:
Kategorie | Total 2019 | Total 2020 | Änderung |
W05 - Seminar/Messe | 3.506.634 € | 2.461.093 € | -30% |
W01 - Sortiment | 2.490.187 € | 2.091.339 € | -16% |
W02 - Firmenwerbung | 2.752.850 € | 1.952.377 € | -29% |
K02 - Implantate aus Metall | 1.958.367 € | 1.374.622 € | -30% |
W09 - Software für Praxis-/Labor-Management | 1.617.789 € | 1.220.654 € | -25% |
X04 - Bank/Finanzen/ Abrechnung/Immobilien | 1.447.961 € | 1.094.464 € | -24% |
B01 - Composite | 1.604.587 € | 1.082.135 € | -33% |
W11 - Zahnersatz | 1.236.409 € | 989.338 € | -20% |
V28 - Wasseraufbereitung | 1.135.766 € | 931.464 € | -18% |
N01 - CAD-CAM Material | 1.388.403 € | 873.965 € | -37% |
V13 - Röntgengeräte | 1.161.844 € | 866.865 € | -25% |
E03 - Zahnpasten | 982.736 € | 753.603 € | -23% |
C03 - Knochenersatzmaterial | 370.587 € | 708.431 € | 91% |
V04 - Behandlungseinheiten | 836.086 € | 675.562 € | -19% |
I04 - Justierschienen | 302.520 € | 606.598 € | 101% |
N05 - CAD-CAM-Fräser, -Drucker, -Laser |
831.812 € | 583.329 € | -30% |
B98 - Systeme f. dir. Füllungen | 303.257 € | 458.143 € | 51% |
L06 - Verblendmaterialien | 431.810 € | 382.921 € | -11% |
K98 - Implantat-Systeme | 247.254 € | 377.706 € | 53% |
K03 - Implantate aus Keramik | 260.552 € | 376.258 € | 44% |
Sonstige | 15.162.205 € | 10.491.004 € | -31% |
Total | 40.029.616 € | 30.351.871 € | -24% |
Tabelle 4: Werbeausgaben in den Top-20-Produktkategorien in Deutschland 2019 und 2020
(Quelle: FaktenSchmied)
Auffällig ist der Rückgang bei Composites und CAD-CAM-Materialien. Wie oben bereits angesprochen, lässt sich das mit weniger Behandlungen in den Praxen und damit weniger Bedarf an diesen Materialien erklären. Dementsprechend haben die Hersteller ihre Budgets in diesen Bereichen zurückgefahren.
Das starke Wachstum beim Knochenersatzmaterial lässt sich, wie bereits beschrieben, rein auf das starke Engagement von Geistlich in diesem Bereich zurückführen. Noch stärker in die Höhe gegangen sind die Werbespendings für Justierschienen. Dieser Trend zu ästhetischen Zahnkorrekturen für überwiegend Erwachsene, ohne zu einer festen Spange greifen zu müssen, ist auch im Corona-Jahr ungebrochen. Zumal sich damit auf Seiten der Zahnärzte auch ein konstanter Umsatz erzielen lässt, da Patientinnen und Patienten jede Woche Anpassungen oder neue Schienen brauchen.
Wie sieht es nun auf der anderen Seite aus? Wie ist es den Verlagen 2020 ergangen, bei denen die Herstellerfirmen ihre Anzeigen platziert haben, egal ob klassisch gedruckt oder digital in den Verlagsnewslettern:
Verlage | Total 2019 | Total 2020 | Veränderung |
Oemus | 9.595.668 € | 6.150.507 € | -36% |
Deutscher Ärzte-Verlag | 7.266.892 € | 5.427.755 € | -25% |
Zahnärztl. Fach Verlag | 5.212.831 € | 5.169.036 € | -1% |
Quintessenz | 3.819.371 € | 2.731.618 € | -28% |
Spitta | 2.764.641 € | 2.077.716 € | -25% |
Teamwork | 2.337.106 € | 1.784.219 € | -24% |
Springer | 2.445.592 € | 1.729.099 € | -29% |
pipVerlag | 1.321.036 € | 1.392.574 € | 5% |
Verlag Neuer Merkur | 1.597.042 € | 1.282.515 € | -20% |
Franz | 1.064.875 € | 692.268 € | -35% |
Sonstige | 2.604.562 € | 1.914.564 € | -26% |
Total | 40.029.616 € | 30.351.871 € | -24% |
Tabelle 5: Werbeeinnahmen der Top-10-Verlage in Deutschland 2019 und 2020
(Quelle: FaktenSchmied)
Der Franz Verlag liefert alle zwei Jahre den Messetitel zur IDS. Ein Rückgang im Jahr nach der IDS ist damit leicht nachvollziehbar. Auch der Oemus Verlag ist normalerweise sehr aktiv im Bereich Messen und Veranstaltungen. Da 2020 aber wenig bis nichts stattfinden konnte, schlagen auch hier deutliche Einbußen zu Buche.
Insgesamt fällt auf, dass sich nahezu alle Verlage aus den Top 10 im zweistelligen Minusbereich bewegen. Der Zahnärztliche Fachverlag gehört mit seinen -1 Prozent schon zu den Gewinnern, die den Umsatz nahezu konstant halten konnten. Ganz allein im positiven Bereich bewegt sich der pipVerlag. Er feierte allerdings 2020 auch sein zehnjähriges Bestehen und konnte davon wohl profitieren.
Wie fatal sich ein Minus von über 20 Prozent in einem Jahr auswirken kann, zeigt das Beispiel Teamwork. Dieser Verlag musste zwischenzeitlich Insolvenz anmelden. Allerdings wurde mit der Mediengruppe Oberfranken auch schon ein großer, starker Investor gefunden.
Insgesamt ist der deutsche Dentalwerbemarkt 2020 um 24 Prozent eingebrochen. Davon entsprechen allerdings nur etwa sechs Prozent dem üblichen Rückgang im Jahr nach der IDS. Corona hat die Dentalbranche also stark erwischt. Und gerade im ausgehenden Frühjahr haben die Hersteller sehr starke Maßnahmen ergriffen und Budgets teilweise dramatisch reduziert.
Da die Pandemie uns alle aber auch 2021 weiterhin beschäftigt, sind wir gespannt, welche Strategien die Hersteller in diesem Jahr einschlagen werden. Die IDS 2021, die üblicherweise im März stattfindet, wurde mit verändertem Ablauf in den September diesen Jahres verschoben. Bleibt es dabei, sollten wir heuer im Sommer hohe Werbebudgets sehen.
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