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Medizin-Sektor 2020: Deutscher Werbemarkt trotzt der Corona-Pandemie

Bernhard Hebel
27. Januar 2021

Im vergangenen Sommer habe ich für Sie den Werbemarkt der Pharma-Branche (Rx) nach der ersten Corona-Welle analysiert. Damals stellten wir ein starkes Wachstum der digitalen Werbung in Verlagsnewslettern fest, echte Corona-Nachwehen zeichneten sich nicht ab – ganz im Gegenteil zum Dentalmarkt übrigens.

Nachdem nun die Daten für das Gesamtjahr 2020 vorliegen, stellen wir die Aussagen vom Sommer noch einmal auf den Prüfstand: Wo steht der Medizin-Werbemarkt nach fast einem Jahr Pandemie?

Keine zweite Welle in Quartal 4

Schauen wir uns zunächst die Werbeausgaben im Vorjahresvergleich an:

Monat 2019 2020 Veränderung
Januar 8.451.328 € 9.200.638 € 9%
Februar 15.726302 € 16.285.504 € 4%
März 16.285.409 € 16.568.119 € 2%
April 16.901.535 € 15.825.466 € -6%
Mai 16.676.477 € 14.745.604 € -12%
Juni 15.850.484 € 16.787.292 € 6%
Juli 9.418.940 € 10.103.226 € 7%
August 10.894.127 € 11.396.669 € 5%
September 19.554.861 € 20.318.146 € 4%
Oktober 20.021.705 € 23.310.898 € 16%
November 20.723.657 € 20.023.302 € -3%
Dezember 17.154.073 € 19.760.171 € 15%
Total 187.658.898 € 194.325.035 € 4%

Tabelle 1: Werbeausgaben im Medizin-Sektor in Deutschland 2019 und 2020 (Quelle: FaktenSchmied)

In der ersten Welle im Frühjahr haben die Unternehmen der Branche ihre Werbebudgets gedrosselt. Mutmaßlich reagierte man, weil man noch nicht wusste, wie sich die Situation entwickeln und was das Restjahr noch alles bringen würde.

Die zweite Welle im Herbst/Winter lässt sich an diesen Zahlen aber nicht ablesen. Das vierte Quartal ist seit jeher stark im Pharma-Bereich und 2020 bildet hier keine Ausnahme. Klassischerweise werden zu dieser Zeit die Rest-Budgets des Jahres investiert. Das sehen wir im Oktober und Dezember. Insgesamt ergibt sich mit einem Plus von vier Prozent ein moderates Wachstum, wie wir es praktisch jedes Jahr in dieser Branche sehen.

Werbung in Newslettern gewinnt immer mehr Bedeutung

Schauen wir uns im nächsten Schritt die Aufteilung der geschalteten Werbeanzeigen nach Werbekanal bzw. -art an:

Werbeart 2019 2020 Veränderung
Printanzeigen 142.129.046 € 141.859.954 € 0%
PR 29.935.089 € 30.709.567 € 3%
Digitale Werbung 15.594.763 € 21.755.514 € 40%
Total 187.658.898 € 194.325.035 € 4%

Tabelle 2: Werbeausgaben im Medizin-Sektor in Deutschland 2019 und 2020 nach Werbeart
(Quelle: FaktenSchmied)

Hier bestätigt sich, was sich bereits in unserer Sommerauswertung angedeutet hat: Während der Print-Bereich auf stabilem Niveau bleibt, steigen die Ausgaben für digitale Werbeanzeigen überproportional um 40 Prozent. An dieser Stelle möchte ich noch einmal darauf hinweisen, dass es sich dabei um digitale Anzeigen und Banner in den Newslettern der Fachverlage der Branche handelt. Anderweitige digitale Formate oder sonstige Online-Werbung auf Websites wird dabei nicht erfasst.

Corona-Risikogruppen verstärkt im Visier

Die Werbespendings der Top-20-Unternehmen der Branche (gemessen an der Höhe ihrer Werbeausgaben) gestalten sich für das Jahr 2020 folgendermaßen:

Hersteller Total 2019 Total 2020 Veränderung
Novartis Pharma 5.596.769 € 5.871.195 € 5%
Berlin-Chemie Menarini 5.990.488 € 5.798.537 € -3%
Lilly 3.209.361 € 5.091.996 € 59%
gsk - Rx 3.181.156 € 4.994.869 € 57%
MSD 4.915.814 € 4.945.561 € 1%
Roche Pharma 4.353.411 € 4.845.398 € 11%
Pfizer 4.370.906 € 4.633.295 € 6%
Janssen Cilag
(Johnson & Johnson)
3.257.322 € 3.868.745 € 19%
SANOFI 2.821.887 € 3.859.353 € 37%
Bristol-Myers Squibb 2.210.509 € 2.656.172 € 20%
SANOFI GENZYME 2.024.232 € 2.275.332 € 12%
Bayer Vital Pharma 4.425.273 € 2.194.624 € -50%
MEDICE 2.004.400 € 2.125.903 € 6%
Boehringer Ingelheim 2.117.499 € 2.056.221 € -3%
AstraZeneca 1.820.235 € 1.962.958 € 8%
Takeda 1.515.589 € 1.908.421 € 26%
Amgen 1.888.758 € 1.857.160 € -2%
NovoNordisk 2.264.623 € 1.819.877 € -20%
Aristo Pharma 2.416.835 € 1.775.62 € -27%
Boehringer Ingelheim
& Lilly Pharma
1.354.387 € 1.762.422 € 30%
Sonstige 125.919.445 € 128.021.374 € 2%
Total 187.658.898 € 194.325.035 € 4%

Tabelle 3: Werbeausgaben der Top-20-Hersteller im Medizin-Sektor in Deutschland 2019 und 2020
(Quelle: FaktenSchmied)

Die markierten Zeilen zeigen einmal die beiden Unternehmen in den Top 20, die ihre Werbespendings 2020 am stärksten erhöht haben, und die beiden Hersteller, die ihre Budgets am stärksten zurückgefahren haben. Über die Ursachen dafür kann ich nur Vermutungen anstellen. Grundsätzlich gilt auch in dieser Branche, was anderswo gültig ist: Menschen wechseln Positionen und Unternehmen – und mit ihnen ändern sich auch Investitionen und Strategien. 

Auffällig ist jedoch, dass Lilly gerade im Bereich Antidiabetika (+117%) und Immunsuppressiva (+83%) die Budgets nach oben schraubt und gsk vor allem bei den Mittel gegen obstruktive Atemwegserkrankungen (+132%). Eventuell könnte man hier doch einen Zusammenhang mit der Corona-Krise herstellen, da es hier doch um klassischer Erkrankungen der Risikogruppen geht. Damit deckt sich auch, dass die Zielgruppe der Pneumologen im Jahr 2020 verstärkt angesprochen wurde. Im Vergleich zu 2019 verzeichnen wir in unserer Analyse hier ein Plus von 18 Prozent. 

Medizinisches Cannabis boomt

Schauen wir uns an, auf welche Produktkategorien sich die Spendings hauptsächlich verteilen:

Kategorie Total 2019 Total 2020 Veränderung
L01 - Antineopl. Mittel 20.837.355 € 21.902.434 € 5%
L04 - Immunsuppressiva 11.366.797 € 13.972.521 € 23%
A10 - Antidiabetika 8.386.338 € 9.835.905 € 17%
W02 - Firmenwerbung 6.340.360 € 7.865.595 € 24%
W04 - EDV/Internet/
Kommunikation
6.054.176 € 7.337.923 € 21%
R03 - Mittel gegen obstr. Atemwegserkrankungen 6.324.783 € 7.332.028 € 16%
V06 - Nahrungsergänzung 6.313.883 € 6.613.204 € 5%
W05 - Seminar/Messe 8.765.562 € 6.552.483 € -25%
R05 - Husten- und Erkältungsmittel 5.659.180 € 4.606.612 € -19%
J07 - Impfstoffe
(ohne COVID)
3.697.155 € 4.570.154 € 24%
S01 - Ophthalmologika 2.947.401 € 3.582.666 € 22%
A03 - Gastrointestinale Störungen 2.148.606 € 3.573.504 € 66%
W01 - Sortiment 3.677.017 € 3.499.546 € -5%
N02 - Analgetika 3.384.253 € 3.490.542 € 3%
B01 - Antithrombosemittel 5.721.798 € 3.440.373 € -40%
N91 - Cannabis 1.118.450 € 2.759.229 € 147%
Y15 - Diagnose- & Messgeräte 1.180.020 € 2.746.529 € 133%
G03 - Sexualhormone und Modulatoren 2.683.280 € 2.454.092 € -9%
A11 - Vitamine 2.613.014 € 2.445.667 € -6%
N06 - Psychoanaleptika 2.045.204 € 2.269.011 € 11%
Sonstige 76.394.266 € 73.475.017 € -4%
Total 187.658.898 € 194.325.035 € 4%

Tabelle 4: Werbeausgaben in den Top-20-Produktkategorien in Deutschland 2019 und 2020
(Quelle: FaktenSchmied)

Dass es einen starken Rückgang bei Seminaren und Messen (-25%) gibt, ist angesichts der Vielzahl an ausgefallenen Veranstaltungen kaum verwunderlich. Auch, dass Husten- und Erkältungsmittel weniger beworben wurden (-19%), überrascht nicht. Erkältungen waren in diesem Jahr schlichtweg kein großes Thema.

Ein mehr als deutliches Plus von 147 Prozent verbucht der Bereich des medizinischen Cannabis, nach wie vor ein absolutes Trendthema. Immer mehr Hersteller steigen hier ein, immer präsenter wird das Thema bei Kunden und Patienten. 

Dass Diagnose- und Messgeräte sowie Diagnose-Services so stark zulegen, ist jedoch ein von uns selbst gemachtes Phänomen. Seit 2020 erfassen wir mit unserer Software nämlich drei weitere Fachtitel für diesen Bereich. Dementsprechend ist hier der Vorjahresvergleich eigentlich nicht ganz korrekt.

In allen anderen Bereichen sehen wir ganz normale Schwankungen in Relation zu den jährlichen Themenschwerpunkten oder neuen Produkten der Hersteller. 

Bewegung auf der Verlagsseite

Werfen wir zuletzt noch einen Blick auf die andere Seite, nämlich zu den Verlagen, bei denen die Unternehmen ihre Werbeanzeigen schalten, egal ob digital oder gedruckt:

Verlage Total 2019 Total 2020 Veränderung
Springer Deutschland 40.755.258 € 44.013.959 € 8%
Medical Tribune 19.190.809 € 20.765.021 € 8%
Thieme 16.359.650 € 17.165.621 € 5%
DÄV 12.910.218 € 12.673.531 € -2%
DAV 12.145.090 € 12.049.687 € -1%
AVOXA 8.063.020 € 8.292.958 € 3%
Biermann 5.463.676 € 6.568.478 € 20%
Mediengruppe Oberfranken 7.175.442 € 6.429.170 € -10%
Ärztenachrichtendienst 4.145.981 € 5.460.104 € 32%
Kirchheim 5.862.823 € 5.441.621 € -7%
mm medizin + medien 3.374.759 € 3.764.509 € 12%
WPV 3.767.957 € 3.680.578 € -2%
Karger 3.805.912 € 3.235.548 € -15%
Umschau 2.919.215 € 2.894.060 € -1%
mmi 2.041.820 € 2.302.315 € 13%
El Pato 2.049.400 € 2.279.200 € 11%
Otto Hoffmanns Verlag 2.695.935 € 2.185.472 € -19%
GFI 2.008.497 € 2.068.280 € 3%
OmniMed 2.245.421 € 1.889.991 € -16%
Vogel Communications Group 0 € 1.719.181 €  
Sonstige 30.678.015 € 29.445.751 € -4%
Total 187.658.898 € 194.325.035 € 4%

Tabelle 5: Werbeeinnahmen der Top-20-Verlage in Deutschland 2019 und 2020
(Quelle: FaktenSchmied)

Nachdem wir gesehen haben, dass der große Zuwachs vor allem bei den digitalen Newsletternangeboten der Verlage stattfindet, ist klar, dass der Ärztenachrichtendienst hier auch mit seinem rein digitalen Angebot zu den Gewinnern zählt.

Ansonsten wissen wir aus unserer jahrelangen Erfahrung, dass bei den Verlagen von Jahr zu Jahr Bewegung drin ist. Und auch wenn es hier einige Verlage wie zum Beispiel den Otto Hoffmanns Verlag mit -19 Prozent vergleichsweise stark erwischt, fällt alles bei weitem weniger dramatisch aus als in der Dental-Branche. Hierzu veröffentliche ich in Kürze einen separaten Blogbeitrag.

Zusammenfassung

Das Jahr 2020 ist für den Medizin-Sektor ein ganz normales Werbejahr. Die Corona-Pandemie geht hier weitgehend spurlos vorbei, lediglich ein kleiner Einbruch der Werbeausgaben im Frühjahr zeichnet den Verlauf der ersten Welle nach.

Insgesamt nehmen aber wie in den Vorjahren auch heuer die Werbeaktivitäten insgesamt zu, wobei der Print-Bereich ungefähr auf Vorjahresniveau bleibt und wir dafür ein überproportionales Wachstum im Bereich der digitalen Werbung in den Verlagsnewslettern sehen. Die Fachverlage mit ihren gedruckten und digitalen Angeboten bleiben also für den Medizin-Sektor DIE wichtige Schnittstelle zu den Ärzten hin.

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